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Haben Sie jemals versucht, mit einem Zentimetermaß die Zeit zu messen? So Advent bis Heilige Drei Könige kommen locker zehn davon zusammen. Allein um die Oberschenkel. Beim Bauch ist das nicht so sicher. Es kommt darauf an, ob man auf der Speckrolle oder zwischen zwei Speckrollen mißt.

Akademische Fragestellungen, nicht wahr?

Nehmen wir's doch lieber mit der Realität auf. Da raschelten wir letztes Jahr freudig unter der Blautanne die hübschen Päckchen auf und fanden darin, Gottseidank, weil in den alten ein Loch am großen Zeh blitzt, ein paar dunkelblaue Socken. Die dazu passenden Handschuhe hat leider leider die Schwester bekommen. Aber dafür haben wir der Tante dasselbe Parfüm geschenkt wie jedes Jahr. Den kleinen haben wir noch ein paar Tausend Legosteinchen in den Plastikkarren gekippt und Opa hat eine weitere Porzellantasse mit "meinem liebsten Opa" drauf bekommen.

Was haben wir uns gefreut, daß es ebay gibt.

Jetzt ist es wieder soweit.

Im Radio hörte ich einen Geschenkeratgeber. Man stelle sich vor, dort wurde eine Liste mit Geschenken besprochen, die man nicht verschenken darf. Man darf Frauen keine Bügeleisen oder Bratpfannen schenken, weil man sie sonst zur Hausmaus degradiere. Auch der fettesten Freundin darf man niemals ein Diätbuch überreichen, weil sie sonst - ausgerechnet am Freßfest - an ihre Leibesfülle erinnert würde. Man schenkt auch keine Seife und erst recht keine Gutscheine. Was, meine Damen Herren, bleibt denn dann noch? Unterwäsche? Nein, das wäre auch falsch, weil das zu echten Festtagsverderbnissen führen kann: Ist die Wäsche zu klein, sieht die Freundin, Ehefrau oder Geliebte darin aus wie eine Fleischwurst im Naturdarm, ist die Wäsche zu groß, fängt sie bestimmt an zu winseln, er fände sie zu fett. Schenkt man Musik, wird die gesammelte Weihnachtsbrut dazu gezwungen, sich das ganze auch noch anzuhören, was besonders indezent daherkommt, wenn man die Großtante mit den "Flippers" beglückt. Ein echter Freundschaftskiller ist auch ein Parfüm, das mit dem "Vamp in jeder Frau" beworben wird, weil die Freundin sich eh nur mit Kernseife wäscht und momentan auf dem Naturtrip ist.

Also bitte, ich fasse zusammen: Keine Geschenke mit Appellcharakter, keine Implikationen, keine Anspielungen, keine Hinweise auf Körperfett, Wassereinlagerungen oder Immunanfälligkeiten. Bitte auch keine Haushaltsgegenstände, Bücher, deren Einband nicht zum Mobiliar paßt, bitte kein Sexspielzeug, weil es an Feiertagen mit der Batteriebeschaffung schwierig ist, keine Hygieneartikel.

Wen wundert's denn eigentlich noch, daß alle im Geschenkestress sind?  Ach, schenken Sie doch einfach was zum Saufen: kann man immer brauchen, ist nach einer Woche weg oder kann man weiter verschenken. Ganz einfach.